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Artikel: Photovoltaik auf Dächern; Energie Keine Umwandlung von Ackerflächen fordern Kritiker des Solar-Booms. Wie sieht es aber mit Anlagen auf Gebäuden von Agrarbetrieben aus?

Agroverbund

Die Agrarproduktion Neulewin war einer der regionalen Vorreiter. Bereits 2007, berichtet

Co-Geschäftsführerin Daniela Müller, wurde in dem Betrieb im nördlichen Oderbruch die erste PV-Anlage auf einem der Dächer montiert. Zu einer Zeit, als andere in der Branche noch gar nicht ernsthaft über eine solche Option nachdachten. Inzwischen habe in Neulewin nahezu jedes dafür infrage kommende Dach einen solchen Aufsatz zur Energiegewinnung erhalten, so Daniela Müller – die letzten Installationen liegen schon fast zehn Jahre zurück.

Es sei eine Mischung, die zum Tragen kommt: Ein Teil der Anlagen laufe in Eigenregie des landwirtschaftlichen Unternehmens, andere Dachflächen beispielsweise auf Lagerhallen, die sich auch in Standorten wie Zäckericker Loose oder Neulietzegöricke finden, sind an Fremdfirmen verpachtet. Gemeinsam ist allen Anlagen, dass der erzeugte Strom nur ins Netz eingespeist wird: „Die Option, ihn vielleicht auch selbst zu nutzen, gab es seinerzeit noch nicht“, wie Daniela Müller erklärt. Und nachträglich ändern lasse sich das bei bestehenden Anlagen nicht mehr.

 

Zwei Fliegen mit einer Klappe

 

Ein ganz wichtiger Pluspunkt aus Sicht des Betriebes in Neulewin: „Wenn man diese sich bietende Möglichkeit nicht genutzt hätte, wären ganz viele unserer Dächer unsaniert geblieben.“ In Zusammenhang mit dem Aufbringen der PV-Anlage, so die Geschäftsführerin, habe man auf diese Weise zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen können. „Zu jener Zeit hat es dafür ja noch eine schöne staatliche Förderung gegeben“, blickt sie zurück. Die sei inzwischen weggefallen.

 

Ob Ställe oder Lagerhallen für Heu und Stroh – auch bei der Agrarprodukte e.G. Altreetz im Nachbarort hat man vor rund einem Jahrzehnt die Zeichen der Zeit erkannt und begonnen, die Dächer mit Solarkollektoren zu bestücken. „Auch die Anlage auf unserem Betriebsstützpunkt mit den Fahrzeugen ist erst dieses Jahr fertiggestellt worden und kürzlich ans Netz gegangen“, ist auf Nachfrage bei Marita Brandt zu erfahren.

 

„Auch auf dem Verwaltungsgebäude soll noch eine Anlage kommen.“ Die damit einhergehende Sanierung der Dächer bezeichnet sie ebenfalls als Vorteil. Die Altreetzer Genossenschaft habe nicht selbst gebaut, sondern alle betroffenen Dachflächen verpachtet – rund ein halbes Dutzend Partnerfirmen gebe es, in manchen Fällen habe der Betreiber zwischenzeitlich gewechselt.

 

Diverse Einzelbetriebe und Standorte gehören zur Agraraktiengesellschaft Albrecht-Daniel-Thaer (Agroverbund Schulzendorf), einem Unternehmen der Lindhorst-Gruppe. „Los ging es mit den ersten Anlagen etwa 2011/2012“, sagt der für diesen Bereich zuständige Alexander Quenzel. Inzwischen seien de facto alle verfügbaren Dächer mit PV-Modulen belegt: „Sollte das irgendwo noch nicht der Fall sein, so hat das spezielle Gründe, weil etwa die Statik des Gebäudes das nicht hergibt oder dort kein Leitungsanschluss möglich ist.“

 

„Insgesamt waren wir da an vielen Stellen frühzeitig dran“, schätzt Quenzel für sein Unternehmen ein, in den meisten Fällen habe man die Dachflächen an Fremdfirmen verpachtet. Eine Besonderheit in Schulzendorf: Auf dem dortigen zentralen Hofgelände wird der gewonnene Strom nicht nur ins Netz eingespeist, wofür die entsprechende Vergütung fließt, sondern sogar selbst genutzt: „Wir haben bei uns ja zwei Elektro-Tankstellen und auch mehrere Fahrzeuge im Fuhrpark, die mit solchem Antrieb laufen“, fügt Quenzel an. Da mache eine solche Kombination richtig Sinn.

 

Mit einer ersten eigenen Anlage hat das Team der Agrargenossenschaft „Höhe“ in Steinbeck im Sommer 2014 begonnen, berichtet Nicole Winkelmann vom Vorstand. Zwei benachbarte Dächer im Verbund wurden so zur Energiegewinnung genutzt. „Allerdings hatten wir ein wenig Pech mit dem Material und auch der Firma, die damals die Installation vornahm. Bereits 2017 mussten die Module noch einmal durch neue ersetzt werden. Seither läuft aber alles bestens“, auch mit dem Thema Eigennutzung des Stroms. Dies sei dereinst das tragende Element gewesen, als der Betrieb bis zum vorigen Jahr auch noch einen Bereich Tierhaltung hatte. Neben der betriebseigenen Anlagen sind andere Dächer der Agrargenossenschaft an allen Standorten in Steinbeck, Wollenberg, Wölsickendorf und Heckelberg an Fremdfirmen verpachtet, rund ein halbes Dutzend weitere PV-Anlagen. Die speisen ihren Strom aber nur ins Netz ein.

 

An andere Firmen als Nutzer der zur Solarstromgewinnung geeigneten Dachflächen wollte man am Rande von Bad Freienwalde allerdings nicht herantreten. Die Altranfter Pflanzenproduktion hat laut Matthijs Poley, einem der Geschäftsführer, extra gewartet, bis sie sich die anfängliche Investition, die es zum Aufbringen der Kollektoren braucht, aus eigener Kraft leisten konnte. Ganz frisch laufen nun neuerdings erste Installationen, berichtet Poley. Einige Reserveflächen an Dächern gebe es aber noch. „Wir wollten es unbedingt selbst machen, haben aber bei uns zugleich als reiner Ackerbaubetrieb nicht so großen Energiebedarf“, erklärt der Geschäftsführer.

 

Zumindest im großen Umfang, so das Ergebnis der MOZ-Recherchen, gibt es keine freien Dächer mehr als Alternative zu Freiflächen-PV. Reine Solar-„Wüsten“ auf bisherigen Äckern, mögen diese anhand der geringen Bodenpunkte auch als unwirtschaftlich gelten, bleiben dennoch umstritten. Vereinzelt wird deshalb bei neuen Projekten in der Landschaft auf Agri-PV gesetzt, also eine doppelte, gemischte Nutzung der Flächen.

 

Thomas Berger, 25. August 2023, Märkisches Echo

 

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